Aus der Rolle fallen
Wir spielen alle nur eine Rolle. Sie auch. Ich schwör. Oder wollen Sie allen ernstes behaupten, wenn ich Sie im Tram treffe und mit Ihnen ein Gespräch beginne, dass ich […]
Stadtgeschichten und -touren um und aus Zürich
Wir spielen alle nur eine Rolle. Sie auch. Ich schwör. Oder wollen Sie allen ernstes behaupten, wenn ich Sie im Tram treffe und mit Ihnen ein Gespräch beginne, dass ich […]
Wir spielen alle nur eine Rolle. Sie auch. Ich schwör. Oder wollen Sie allen ernstes behaupten, wenn ich Sie im Tram treffe und mit Ihnen ein Gespräch beginne, dass ich dann wirklich mit Ihrem wahren Ich spreche? Damit sind wir doch alle viel zu sehr auf Vorsicht und Misstrauen gedrillt. Warum? Viel zu verletzlich. Stellen Sie sich einen alten Dreimaster unter vollen Segeln vor, der in der Karibik von einem Piraten aufgebracht wird. In dem Moment wo der Dreimaster beidreht, eröffnen diese das Feuer und er fängt eine volle Breitseite ein. Verhehrend. Ungefähr so meine ich das mit zu verletzlich sein. Darum? Lieber Rolle. Vortäuschen ich bin kein unvorbereiteter Dreimaster, sondern eine feuerbereite Kriegscaravelle. Piraten werden sich hüten oder zumindest sehr genau abwägen, vonwegen Aufwand und Ertrag. Darum so einige Caravellen auf Zürich’s Strassen. Und diese Rolle widerspiegelt sich daher im Gesichtsausdruck vieler Menschen wieder.
Auch in meinem. Ausser ich bin im Flow. Was ich in letzter Zeit ja öfters bin. Scheinbar und tatsächlich. Und damit eigentlich auch verletzbar. Aber scheinbar stünde mir das. Die nach aussen getragene Verletzlichkeit. Na ja.
Also ich auch Rolle. Etwas geprägt von meiner Postur. Gross und breit. Schiebermütze, Caban und hochgestellter Kragen. Was dies vermittelt können Sie sich selber denken. Es gibt Menschen, die wechseln die Strassenseite. Besonders Abends, im Dunkeln. Und in dieser Rolle bin ich gestern im HB angekommen. Und stand auf einmal vor dem Blumenladen. Mit Unmengen von Tulpen. Und jetzt lustig. Warum nicht einmal im Leben einen Blumenstrauss kaufen? Also ohne Grund. Resp. als Grund nur eigene Freude. Also ein Strauss allein für mich. Und weil letzte Woche in meiner jetzigen Wohnung. Als Abschiedsgruss für die guten Zeiten, die ich hier verbringen durfte. Ab nächster Woche ja wieder zurück im Niederdorf.
Gedacht, getan. Rein in den Laden. Es mussten gelbe sein. Ein Strauss gelber Tulpen. Und jetzt spannend. Weil Verkäuferin auch Rolle. Und Fremdwahrnehmung geprägt. Und diese Prägung sagte, Mann kauft Blumen für? Eine Dame, wen sonst.
– Ein schöner Strauss, den sie sich da ausgesucht haben, da wird die Dame aber Freude haben
– Danke, kann ich mir vorstellen, ist aber nicht für eine Dame, sondern nur für mich!
– Darf ich ihnen die Tulpen in Klarsichtfolie einpacken. Dann können sie den Strauss der Dame so geben und müssen ihn nicht extra auspacken.
– Danke, ist nicht nötig, der Strauss ist nur für mich und ich habe ihn ja schon gesehen! 😉
– Hat die Dame denn eine Vase? Wir hätten sonst gerade passende Vasen im Angebot
– Danke, ich bin überzeugt, die Dame hat genug Vasen, ist aber nicht nötig, weil der Strauss…..
– Ich gebe ihnen noch ein Beutelchen mit Dünger mit. Wenn die Dame ihn ins Wasser stellt, soll sie den Beutel dazugeben und vielleicht die Stiele noch einmal anschneiden
– Macht es etwas aus, wenn ICH die Stiele anschneide?
– äehm, was sagten Sie??
– Ob es etwas ausmacht, wenn ich die Stiele anschneide?
– äehm, warum?
– Weil, der Strauss ist nur und ausschliesslich für mich!
– Nei, aber au. DASS finde ich jetz aber lässig! Elsbeth, lueg e mol. Än Ma wo für sich Blumen kauft
– …….
Ich glaub, ich tu’s nicht wieder