Landläufig
Bewegende Zeiten. Allgemein. Weniger Privat. Schon auch, aber hier nicht Thema. Wer ein bisschen mit offenen Sinnen durch die Gegend schleicht, bekommt das ja mit. Zwangsweise. Statt miteinander, alle ein bisschen gegeneinander. Jeder gegen jeden. Türken gegen sich selber und alle anderen. Europäer untereinander. Rest der Welt gegen Amerikaner. Amerikaner untereinander auch und gegen Russland. Wobei, nicht alle. Sagt man. Manche der Amerikaner auch für Russland. So genau weiss das vermutlich niemand. Also jedenfalls jeder gegen jeden.
In der Schweiz sowieso. Nord gegen Süd, Deutsch gegen Welsch, CVP gegen SP, SVP gegen Alle. Einheimische gegen Fremde. Die Linken gegen die Rechten. Alt gegen Jung und umgekehrt. Mann gegen Frau. Und Stadt gegen Land.
Letzteres sei hier etwas thematisiert. Stadt gegen Land. Dieses Gegeneinander bringt ja viel Unruhe in die Welt. Dabei wäre ein Miteinander dienlicher. Jetzt nicht Miteinander gegen die Anderen. Nein, das nicht. Sondern alle miteinander. Reden. Und verstehen. Sich. Gegenseitig. Würde so manche Probleme lösen. Die Welt etwas ruhiger machen. Und gäbe eine Beule weniger.
Jetzt verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich lebe in der Stadt. Sehr. Sehr gerne. Ich gehe auch ab und zu aufs Land. Wenn es sich nicht vermeiden lässt. Wirklich. Ich schwör. Auch alleine. Ohne Begleitschutz. Nicht bewaffnet. Bin noch jedes Mal zurückgekommen. Lebend und unbeschadet. Also gar nicht so schlimm, wie alle sagen. Also alle Städter sagen es. Die sagen auch, die, die vom Land, die versauen uns alle Abstimmungen und Wahlen. Mit ihren komischen Ansichten. Brocken uns die Suppe ein, die wir in der Stadt dann auslöffeln dürfen. Umgekehrt die vom Land genauso. Immer feste auf die Städter. Die seien arrogant und überheblich und überhaupt. Ausserdem verpesten sie uns die Luft, lassen den Abfall liegen und kaufen uns die Wohnungen weg. Die wir zwar sowieso nicht kaufen wollen. Oder könnten. Siehe Andermatt. Aber Prinzip. Es geht ums Prinzip. Und gegen die Städter. Ich? Ich stehe dazwischen. Höre zu. Sehe, staune. Und schreibe meine Geschichten.
Dabei könnte man wunderbar voneinander lernen. Die vom Land von denen in der Stadt. Umgekehrt natürlich auch. So wie ich heute. Es lässt sich nicht immer vermeiden. Weil, meine Kunden befinden sich nicht ausschliesslich in der Stadt. Ein paar auch auf dem Land. Auch die besuche ich. Ab und zu. Wenn mich mein Chef dazu zwingt. Mit Gewalt. Geh ich halt. Aufs Land. Und besuche. Jetzt ist es ja nicht so, dass jeder, der auf dem Land zu Fuss unterwegs ist, einen Regenmantel und eine Mütze trägt, dass nicht jeder dieser Besucher von der Landbevölkerung als Untier angesehen wird. Oder als Pädophiler. Gar noch als Mörder oder so. Nicht jeder. Wirklich. Ich schwör. Nicht jeder. So wie ich auch nicht in der Stadt die Strassenseite wechsle, wenn mir einer vom Land entgegen kommt. Nicht bei jedem. Nur manchmal. Aber man könnte es schon meinen. Ich fahre ÖV. Und auf dem Land eher spärlich. Bahnhof und fertig. Rest des Weges? Zu Fuss. Trotzdem bin ich nicht per se ein Monster. Daran müsst ihr noch arbeiten. Ihr vom Land. Manche tun dass bereits. Wie die Schulklasse, die mir heute begegnete. 28 Schüler. Und 28 mal „Grüezi“. Jetzt glauben Sie ja nicht, es sei auf ihrer Seite dann mit „einem“ Grüezi mitenand getan. Nein. Man erwartet dann schon auch ein Grüezi von ihnen. Persönlich. 28 mal. Sonst gelten Sie als unfreundlich. Daran könnte man auch arbeiten.
Anders dann in dem Restaurant zum Bahnhof, welches ich im Anschluss an meinem Kundenbesuch aufsuchte. Darin ein Stammtisch. Mit sieben Leuten. Einheimischen. Vom Land. Schon etwas älter. Da kam nix. Auf mein „Grüezi mitenand“. Ausser sieben kritischen Blicken. Dachten wohl, einen potentiellen Übeltäter, aus der Stadt, den grüssen wir lieber erstmal nicht. Man weiss ja nie.
Meinen Kaffee bekam ich trotzdem. Ein Gespräch auch. Weil der Wirt, der Wirt ein Spanier. Nicht mehr Ole und so. Schon länger da im Land und eher auf der Seite der „Vorsicht, vielleicht Übeltäter“. Aber eher noch Randgruppe, als Spanier, und anderen Randgruppen gegenüber noch etwas offener. Also mir als Städter. Und damit evtl. potentieller Übeltäter. Aber auch Geschäftsmann genug um den Umsatz durch ein Gespräch etwas anzukurbeln. War ganz nett. Wir sprachen auch über Stand und Land. Darum wollte er mich wohl warnen:
Wirt: „Passen Sie auf, wenn sie nach draussen gehen“!
Ich (innerlich zu mir selber): „Warum?“ „Werde ich draussen gelyncht?“
Ich (zum Wirt): „Danke, mach ich“!
Stehe auf, mache die Türe auf und, tatsächlich warten draussen drei vom Stammtisch. Todesmutig setze ich meinen Fuss nach draussen, kritisch beobachtet von den Dreien. Gehe also nach draussen. Und kollidiere mit der Lampe über dem Eingang.
„Jetzt hat ihnen der Wirt doch gesagt sie sollen aufpassen. Ihr müsst halt mal lernen zuzuhören, ihr Städter“! Das kam von den Dreien draussen. Mit einem Lächeln auf den Lippen.
Wir in der Stadt sind halt auch nicht alle nur 150cm gross, wie ihr auf dem Land. Hätte von mir kommen wollen. Lies es aber.
Weil, nicht schon wieder jeder gegen jeden.